Die Jahrestagung und Generalversammlung der österreichischen Arbeitsgemeinschaft Zöliakie fand am 6. Mai in Innsbruck statt. Sie bot zahlreiche informative Vorträge zu verschiedenen Themen, die im Zusammenhang mit Zöliakie stehen.
DZG-Mitglied Eva Gancarz war vor Ort und berichtet.
Der Verein bietet seinen Mitgliedern regelmäßig kostenfreie Ernährungsseminare an, die sich nicht nur an Neu-Zöliakie-Betroffene richten, sondern auch für langjährige Betroffene von großem Nutzen sind. Diese Seminare decken eine breite Palette von Themen ab, von der richtigen Diagnosestellung bis hin zu Küchenhygiene und Essen im Restaurant oder im Urlaub. Jedes neue Mitglied erhält ein 650 Seiten umfassendes Zöliakie-Handbuch mit medizinischen und Ernährungs-Informationen, Listen von etwa 10 000 glutenfreien Lebensmitteln, darunter cirka 2000 als glutenfrei zertifizierte Lebensmittel, sowie Auskunft über Bezugsquellen, Urlaub, Gastronomie und Finanzielles.
Bis zu einem Medikament wird es noch dauern
Oberarzt Dr. Michael Schumann, Internist und Gastroenterologe an der Universitätsklinik für Gastroenterologie der Charité Berlin, widmete sich in seinem Vortrag der Medikamenten-Entwicklung bei Zöliakie. Während der Veranstaltung wurde die Frage aufgeworfen, ob es in Zukunft ein Medikament für Menschen mit Zöliakie geben wird, das ihnen ermöglicht, glutenhaltige Lebensmittel zu sich zu nehmen, ohne negative Auswirkungen auf ihre Gesundheit zu haben. Dr. Schumann antwortete daraufhin mit einem Lächeln, dass er glaubt, dass es noch etwa 10 Jahre dauern wird, bis ein solches Medikament verfügbar sein wird. Er wies darauf hin, dass vor 20 Jahren bereits ähnliche Schätzungen gemacht wurden, in denen man meinte, dass ein solches Medikament in fünf Jahren verfügbar sein würde.
Die Diätologin Eva Terler präsentierte in ihrem Vortrag "Die größten Stolpersteine in der glutenfreien Ernährung" verschiedene Aspekte, die bei einer glutenfreien Ernährung beachtet werden sollten. Terler sprach über glutenfreie Getreide- und Pseudogetreidesorten sowie das internationale Glutenfrei-Symbol, welches eine sichere glutenfreie Lebensmittelproduktion kennzeichnet. Es gibt in Österreich 29 glutenfrei zertifizierte Lebensmittelunternehmen, davon sechs Bäckereien. Terler erläuterte die Ausnahmen von der Allergenkennzeichnungspflicht laut EU-Verordnung 1169/2011: Wichtig sei zu wissen, dass trotz glutenhaltiger Ausgangsstoffe wie Weizen oder Gerste die daraus hergestellten Verzuckerungsprodukte wie Dextrose, Maltodextrin etc. kein Gluten enthalten. Leider werde sehr oft trotzdem auf den Lebensmittelverpackungen bei den Bestandteilen von Aromen Weizen oder Gerste deklariert, was zu falschen Informationen führe.
Warnhinweise auf Lebensmittelverpackungen wie "kann Spuren von Gluten enthalten" sollten in erster Linie als rechtliche Absicherung des Herstellers und nicht als tatsächliches Risiko betrachtet werden. Zudem führe die Überdeklaration zu Verunsicherung bei Zöliakie-Betroffenen. Terler betonte, dass diese Warnhinweise wie "kann Spuren enthalten" in der Regel nicht zutreffen würden. Wo tatsächlich ein hohes Kontaminationsrisiko stets nachweisbar sei, wie bei den von Natur aus glutenfreien Mehlen, sei in der Regel nie ein Warnhinweis zu finden. Die Kontamination mit glutenhaltigen Mehlen findet vor allem in den Vermahl- und Abfüllanlagen statt.
Küche: Kein großes Kontaminationsrisiko
Terler betonte, dass in der Küche kein großes Risiko für Kontamination mit glutenhaltigen Lebensmitteln bestehe, wenn Arbeitsflächen, Kochtöpfe, Pfannen, Backformen, Mixer, Schneidebretter, Geschirr und Besteck sorgfältig und gründlich gereinigt werden. Daher sei es nicht notwendig, neues Geschirr und/oder Küchengeräte zu kaufen. Ausnahme sei eine Getreidemühle, da die komplette Reinigung kaum machbar ist und keinesfalls abwechselnd glutenhaltiges und glutenfreies Getreide gemahlen werden darf.
Wie schon Dr. Schumann zuvor, wies auch Eva Terler nochmal auf die Studie aus den USA hin: es wurde mit dem gleichen Messer zuerst Glutenhaltiges und dann Glutenfreies geschnitten und an den Schneideflächen konnte kein Glutengehalt gemessen werden. Das gleiche Ergebnis gab es bei einem Toaster, wo zuerst ein glutenhaltiger Toast und dann ein Gutenfreier getoastet wurde: Gluten konnte nicht nachgewiesen werden. Beim Kochen von zuerst glutenhaltigen Nudeln und anschließend glutenfreien Nudeln im selben Wasser konnte eine Kontamination gemessen werden, allerdings nicht mehr, wenn die glutenfreien Nudeln anschließend mit Wasser abgespült wurden.
In dem Beitrag von Diplom-Ingenieurin Alexandra Koglmann wurde erläutert, dass in Senioren- und Pflegeeinrichtungen in Österreich eine glutenfreie Ernährung möglich ist. Die Diätologen stellen für jeden Heimbewohner eine individuelle Diät und Menüplan zusammen und geben diese an die Köche oder Lieferdienste weiter. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Einrichtung eine eigene Küche hat oder das Essen von außen geliefert wird.
Beim Handmixer ist bezüglich Mix-Zeit Vorsicht geboten
In seinem Abschlussvortrag zum Thema glutenfreies Backen erklärte der in Österreich lebende deutsche Bäcker und Konditormeister Oliver Welling (bekannt auf diversen Social-Media-Kanälen und als Autor von Backbüchern), Unterschiede zwischen glutenhaltigem und glutenfreiem Backen. Beim glutenfreien Backen sollte man unbedingt darauf achten, die Zutaten abzuwiegen und nicht abzumessen, da bereits eine Differenz von 10 Gramm das Ergebnis beeinflussen kann. Auch beim Kneten des Teigs gibt es Unterschiede: Der glutenfreie Teig sollte nicht zu fest und nicht zu lange und intensiv geknetet werden, da er sonst an Struktur verliert. Ein weiterer Tipp von Welling: Beim glutenfreien Backen sollte man sehr vorsichtig bei der Verwendung eines Handmixers sein, da bereits eine Minute zu viel Mixen das Ergebnis negativ beeinflussen könne.
Zum Schluss schildert Autorin Eva Gancarz noch ihre persönlichen Eindrücke: „Das glutenfreie großzügige Mittagsbuffet war grandios und es war ein tolles Gefühl, sich keine Gedanken über Gluten machen zu müssen. Der Austausch unter Betroffenen war sehr wertvoll und die großzügige Geschenketasche mit vielen glutenfreien Produktneuheiten war eine tolle Überraschung. Zahlreiche Stände luden zum Probieren ein und es herrschte eine sehr positive Stimmung und ein Gefühl des Zusammengehörens. Insgesamt war es ein unvergessliches Erlebnis, das gezeigt hat, wie wichtig es ist, gemeinsam stark zu sein.“